Studie: Biokraftstoffe haben herausragende Bedeutung für Klimaschutz, Agrar- und Futtermittelwirtschaft

Berlin, 10. Januar 2017. Biokraftstoffe haben einen großen Einfluss auf den Klimaschutz im Straßenverkehr, die heimische Tierfutterproduktion und den Absatz der deutschen Rapserzeuger. Durch die auf die Treibhausgasminderung ausgerichtete Gesetzgebung zu Biodiesel und Bioethanol beeinflusst die Politik auch Preise und Absatzchancen von Raps, Getreide und Zuckerrüben aus heimischem Anbau sowie die Futtermittelmärkte. Dies sind zentrale Ergebnisse der heute in Berlin vorgestellten Studie „Auswirkungen politischer Beschlüsse auf Biokraftstoffe und Rohstoffmärkte“ von Professor Dr. Jürgen Zeddies von der Universität Hohenheim.


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„Was leisten Biokraftstoffe für den Klimaschutz?“ – Pressekonferenz zur Vorstellung der Studie „Verkehrswende 2030 – ohne Biokraftstoffe und Landwirtschaft? von Prof. Dr. Jürgen Zeddies, Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre der Universität Hohenheim. V.l.n.r.: Frank Brühning (Pressesprecher VDB), Gerhard Brankatschk (stellv. Geschäftsführer OVID), Prof. Dr. Jürgen Zeddies (Universität Hohenheim), Stephan Arens (Geschäftsführer UFOP), Elmar Baumann (Geschäftsführer VDB)


So verpflichtet die deutsche Treibhausgas(THG)-Quote die Mineralölindustrie, den Treibhausgasausstoß ihrer Kraftstoffe ab 2017 um vier Prozent zu senken – unter anderem durch den Einsatz von Biokraftstoffen. Die Quote steigt im Jahr 2020 auf sechs Prozent und verbleibt auf diesem Wert. Ein gleichmäßiges Ansteigen der Treibhausgasquote wäre nach den Ergebnissen der Studie dagegen sinnvoll, um eine plötzliche, sprunghafte Nachfragesteigerung zu vermeiden. Die vorgelegte Studie zeigt auf, dass sich Preise und Absatz im Rahmen der THG-Quote anhand der erzielten THG-Einsparungen bilden. Sie führt damit zu einer Verdrängung weniger effizienter Produkte und Herstellungsverfahren. Im Durchschnitt stoßen Biodiesel und Bioethanol 70 Prozent weniger Treibhausgase aus als fossile Kraftstoffe.

Nach den Ergebnissen der Studie entsteht ein wesentlicher Teil der Nachfrage nach Agrarrohstoffen der deutschen Landwirte durch die Biokraftstoffindustrie. 2015 verbrauchten Biodieselproduzenten rund 3,2 Mio. t Rapssaat, um daraus 1,3 Mio. t Biodiesel herzustellen; das war etwa ein Drittel der verarbeiteten Rapssaat in Deutschland. Bei der Verarbeitung von Rapssaaten in den Ölmühlen sind neben dem Pflanzenöl, aus dem Biodiesel hergestellt wird, zusätzlich 1,9 Mio. t Proteinfutter entstanden. „Die ohnehin schon angespannte Einkommenssituation vieler Landwirte dürfte sich noch einmal verschärfen, sollte die Nachfrage aus dem Biokraftstoffsektor aufgrund politischer Maßnahmen wegbrechen“, sagte Zeddies, der unter anderem viele Jahre Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums war.

In Deutschland sichern die politischen Rahmenbedingungen für Klimaschutz im Verkehr die bestehenden Absatzmöglichkeiten von Agrarrohstoffen. Die Europäische Kommission hat dagegen in ihrem erst kürzlich vorgelegten Entwurf zur Reform der Erneuerbare-Energien-Richtlinie vorgeschlagen, den Absatz von Biokraftstoffen aus Agrarrohstoffen im Straßenverkehr bis 2030 mindestens zu halbieren. „Das wäre eine Katastrophe für die deutsche Landwirtschaft! Insbesondere die Rapsbauern stünden vor riesigen Problemen, denn Biodiesel wird in Deutschland zu rund 70 Prozent aus Raps hergestellt“, so Stephan Arens, Geschäftsführer der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP).

Im Falle der Umsetzung des Kommissionsvorschlags würde ebenso die heimische Futtermittelproduktion leiden, wie die Studie aufzeigt. Als Koppelprodukt der Biokraftstofferzeugung entstanden 2015 etwa 3,1 Mio. t Sojaschrotäquivalente für die Fütterung von Rindern, Schweinen und Geflügel, die damit rund 40 Prozent des Proteinfuttermittelbedarfs in Deutschland decken. Setzt sich die EU-Kommission mit ihren Vorschlägen durch, müsste Deutschland mehr Soja importieren. Die Folge wäre die Ausweitung des Sojaanbaus und damit steigender Flächendruck in umweltsensiblen Gebieten in Südamerika. „An der Ladentheke verlangen die Verbraucher immer häufiger heimische Produkte. Um den Bedarf an Proteinfutter zu decken, benötigen wir insbesondere Rapsschrot aus Deutschland. Nennenswerte Mengen in der erforderlichen Qualität können nur mit der Biokraftstoffproduktion entstehen. Die Pläne der Europäischen Kommission sind dagegen kontraproduktiv“, so Petra Sprick, Geschäftsführerin bei OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland.

Die Studie belegt: Ohne den Einsatz von Biokraftstoffen müssten mehr fossile Kraftstoffe verbraucht werden, konkret im Jahr 2015 etwa 2,9 Mio. t Benzin und Diesel. Zudem trägt jede Tonne Biokraftstoff mit 386 Euro zur Brutto-Wertschöpfung in Deutschland bei. Im Jahr 2015 leisteten sie insgesamt einen Beitrag von 1,3 Mrd. Euro. „Biokraftstoffe sind die einzige in größerem Umfang eingesetzte Alternative zu fossilen Kraftstoffen. Die Studie zeigt, dass sie darüber hinaus auch volkswirtschaftlich sinnvoll sind und massive Treibhausgaseinsparungen bringen. Wer sich von den heutigen Biokraftstoffen verabschieden will, wird Schwierigkeiten haben, die entstehenden Lücken zu schließen. Dies betrifft nicht nur die CO2-Minderung im Straßenverkehr, sondern auch die heimische Eiweißfuttermittelversorgung und nicht zuletzt Einkommen und rund 22.000 Arbeitsplätze im ländlichen Raum“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB).

Bisher wurde die THG-Quote lediglich in Deutschland rechtlich bindend eingeführt, so dass besonders klimafreundliche Biokraftstoffe hierher importiert werden. „Eine europaweite Einführung einer bindenden THG-Minderungspflicht würde dazu führen, dass Biokraftstoffe noch mehr Treibhausgase einsparen als heute. Je eher eine Harmonisierung erfolgt, desto weniger kommt es zu ineffizienten Umlenkungen von Handelsströmen mit Biokraftstoffen und ihren Rohstoffen“, unterstrich Zeddies.

Die Verbände UFOP, OVID und VDB haben die Studie „Auswirkungen politischer Beschlüsse auf Biokraftstoffe und Rohstoffmärkte“ in Auftrag gegeben.

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