Ernte 2010 - nachhaltiger Raps ein knapper Rohstoff?!

Selbsterklärung jetzt abgeben!

Dieter Bockey, Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V., Berlin

Die EU-Richtlinie zur Förderung der Verwendung Erneuerbarer Energien (EE-Rl) 2009/28/EG muss bis zum 05. Dezember 2010 in nationales Recht umgesetzt sein. Folglich müssen die Mitgliedsstaaten schnellstmöglich die in der Richtlinie vorgegebenen Anforderungen zum Nachweis eines nachhaltigen Biomasseanbaus im Wege nationaler Gesetze oder Verordnungen regeln als Voraussetzung für die energetische Nutzung (BHKW, Biokraftstoff) flüssiger Biomasse (pflanzliche Öle) ab Januar 2011. Der Nachweis der Nachhaltigkeitsanforderungen ist Voraussetzung für die Anrechnung auf die Kraftstoffquotenverpflichtung, für den Erhalt der Steuerbegünstigung bzw. des NR-Bonus.
Gemessen am Biodiesel- und Rapsölkraftstoffabsatz (einschließlich BHKW) wird praktisch die gesamte Rapsernte energetisch genutzt.

Deutschland setzt die Richtlinie mit den Biomassenachhaltigkeitsverordnungen für „Biokraftstoffe“ und „Strom“ um. Ursache für die Regelung in zwei Verordnungen ist die Tatsache, dass die Förderung von Biokraftstoffen im Energiesteuer- und Bundesimmissionsschutzgesetz und für erneuerbaren Strom aus Biomasse im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelt ist. Beide Verordnungen sind 2009 mit dem nunmehr geänderten Umsetzungstermin zum 01. Januar 2011 in Kraft getreten.

Betroffen ist also die Verwendung von Raps zur Herstellung von Biodiesel als Reinkraftstoff, als Beimischungskomponente zu Biodiesel (B7) sowie Rapsölkraftstoff und Rapsöl eingesetzt in Blockheizkraftwerken. Die heimische Ernte reicht nicht aus, um den Mengebedarf zu decken:
Reinkraftstoff Biodiesel Rapsöl: 250.000 Tonnen (2009)
Biodiesel zu Dieselkraftstoff beigemischt (B7): 2,28 Mio. Tonnen (2009)
Rapsöl in BHKW: ca. 0,55 Mio. Tonnen (bisher überwiegend Palmöl)
Die Nachfrage nach zertifiziertem Rohstoff wird also steigen – rein rechnerisch müsste die gesamte deutsche Rapsernte allein der Biokraftstoffverwendung angedient werden.

Was hat der Landwirt zu tun?
Den Verordnungen liegt das grundsätzliche Prinzip zu Grunde, dass im Wege eines sogenannten Massebilanzsystems die Rohstoffmengen registriert werden müssen. Dies bedeutet, dass die Erntemenge z. B. der Raps durch den Handel gewogen und damit wie bisher üblich im EDV-System erfasst wird. Um den administrativen Aufwand beim Agrarhandel während der Warenannahme möglichst gering zu halten, sollte der Betriebe seinem Ersterfasser (Handel oder Ölmühle) noch vor der Ernte die Selbsterklärung zusenden. Wird der Raps mehreren Abnehmern angedient, muss jeweils eine Selbsterklärung abgegeben werden. Mit diesem Formblatt bestätigt der Betrieb, dass die Cross-Compliance- Anforderungen erfüllt sind bzw. die Rapsernte nicht von schützenswerten Flächen stammt. Mit dem Stichtag 01. Januar 2008  regeln die Verordnungen, den Vertrauensschutz für Ackerflächen, die vor diesem Termin in Bewirtschaftung waren. Es ist daher davon auszugehen, dass nur wenige Betriebe einen  gesonderten Flächennachweis für die Rohstoffherkunft beibringen müssen. Zudem ist es möglich die Rohstoffmengen entsprechenden differenziert in der Massenbilanz zu erfassen. Dies muss im Einzelfall mit dem Agrarhandelsunternehmen abgestimmt werden.
Die Nachweisführung der in den Verordnungen vorgegebenen Nachhaltigkeitsanforderungen wird durch Zertifizierungssysteme umgesetzt. Mit dem Ziel einer möglichst schnellen und flächendeckenden Umsetzung haben die Verbände der Agrar- und Biokraftstoffwirtschaft das REDcert-System geschaffen, das die Vorgaben der EU-Richtlinie bzw. der Verordnungen 1:1 umsetzt und sich für die Zertifizierung der ohnehin in der Agrarwirtschaft tätigen Zertifizierungsunternehmen bedient. Informationen und die Unterlagen (z. B. die Eigenerklärung sind erhältlich unter http://www.redcert.org/. Der Deutsche Bauernverband hat eine Informationsbroschüre auf seine Website eingestellt, die insbesondere Fragen der Erzeugerstufe beantwortet (http://www.bauernverband.de/).

Fristverlängerung für die Umsetzung
Die Verbände der Agrar- und Biokraftstoffwirtschaft hatten sich erfolgreich für eine Verschiebung für das In-Kraft-Treten der Biomasseverordnungen um ein halbes Jahr zum 01. Januar 2011 eingesetzt. Diese Fristverlängerung muss jetzt genutzt werden die administrativen Voraussetzungen die Zertifizierung über alle Stufen sicherzustellen. Denn ab diesem Datum muss für den Raps ein Nachhaltigkeitsnachweis vorliegen, wenn diese energetisch genutzt werden soll. Voraussetzung ist, dass die Unternehmen des Agrarhandels, der Verarbeitung (Ölmühlen) und die Biodieselhersteller vor diesem Datum zertifiziert wurden. Es gibt KEINE Übergangsregelung. Raps aus der Ernte 2010, der nicht durch die Abgabe einer Eigenerklärung in einer Massenbilanz erfasst wurde, ist damit dieser Vermarktungsweg verschlossen. Der Nachweis dieser Anforderungen gilt auch für Raps- bzw. Rohstoff- oder Biodieselimporte aus der EU wie auch aus Drittstaaten!
Die schnelle und möglichst flächendeckende Abgabe der Selbsterklärung und deren Registrierung eröffnet möglicherweise auch bessere Vermarktungschancen, denn nur in Deutschland stehen aktuell zwei (ISSC und REDcert) Zertifizierungssysteme und inzwischen 11 Zertifizierungsstellen zur Verfügung, die von der BLE anerkannt wurden. Es steht daher für die energetische Nutzung unter den nationalen Bedingungen praktisch nur heimischer Raps zur Verfügung. Hinzukommt, dass die Mineralölgesellschaften spätestens im November die Bereitstellung von zertifiziertem Biodiesel erwarten, als Vorsaussetzung für die fristgerechte Umstellung in den Eigen(Zoll-)lagern zum 01. Januar 2011. Diese  für das Erntejahr 2010 besondere Situation wird der Vermarktung von Raps sicher noch Impulse geben.