EU-Kommission stellt Verlässlichkeit der Biokraftstoffpolitik in Frage

UFOP unterstützt Position der Bundesregierung für eine Bestandsschutzregelung

Berlin, 12. September 2012 – Die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e. V. (UFOP) sieht in den bekannt gewordenen Vorschlägen der Generaldirektion (GD) Klimapolitik der EU-Kommission eine völlige Abkehr von einer verlässlichen, zukunftsorientierten Klima- und Biokraftstoffpolitik.

Es ist bedauerlich, dass die GD Klimapolitik trotz aller vorliegenden Fakten an ihrem Weg festhält, Aufschläge für Treibhausgasemissionen auf Biokraftstoffe einzuführen. Dies soll der Hypothese Rechnung tragen, dass beispielsweise durch den Rapsanbau für die Biodieselproduktion in der EU andernorts Flächen zum Beispiel für die Anlage von Palmölplantagen gerodet werden. Eine Ursache-Wirkungsbeziehung für diese indirekte Landnutzungsänderung (iLUC) konnte bisher nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden, kritisiert die UFOP. Besonders betroffen von der Einführung dieser als „iLUC-Faktoren“ bezeichneten Aufschläge wäre in der EU ausgerechnet der Rapsanbau.

Hauptleidtragende wären die deutschen und europäischen Rapserzeuger, also die Pioniere einer Entwicklung, die ihren Anfang mit dem Anbau auf Stilllegungsflächen Anfang der 90er Jahre nahm. Sie können ihren Raps nicht mehr über die Ölmühlen in die Biokraftstoffproduktion vermarkten. Die GD Klimapolitik ignoriert die Tatsache, dass ein wirksamer Urwaldschutz nur im Wege bilateraler Verhandlungen mit den betroffen Drittstaaten erreicht werden kann. Außerdem stellt sie mit ihrem Vorschlag die bisherigen internationalen Aktivitäten zur Einführung von Zertifizierungssystemen und Nachhaltigkeitsnachweisen für Biomasse- und Biokraftstoffherkünfte in Frage. Warum sollten Länder wie Brasilien, Argentinien, Malaysia oder Indonesien daran noch ein Interesse haben, hinterfragt die UFOP.

Die EU-Kommission stellt mit ihren Vorschlägen die europäischen Klima- und Umweltschutzschutzziele infrage. Weitere Investitionen in die europäische  Biokraftstoffproduktion werden ausbleiben. Diese Vorschläge drängen eine ganze Branche gezielt in den finanziellen Ruin. Das Roden in Drittstaaten wird aber weitergehen, denn es gibt weltweit noch andere Abnehmer als die EU. Die EU-Kommission übersieht, dass die Länder, die besonders im Fokus der „iLUC-Politik“ stehen, sich entsprechend im internationalen Markt neu orientieren.

Die EU-Kommission liegt falsch, wenn sie glaubt, das Rad im Bereich der Biokraftstoffpolitik ohne umweltpolitischen Flurschaden zurückdrehen zu können. Bereits drei Jahre nach Verabschiedung der Erneuerbare Energien-Richtlinie einen grundlegenden Kurswechsel vorzunehmen, ist kein Zeichen für Verlässlichkeit. Die EU-Kommission widerlegt somit mit ihrem Vorschlag ihr selbst formuliertes Ziel einer Investitionssicherheit für bereits bestehende Anlagen.

Die UFOP unterstützt deshalb mit Nachdruck weiterhin den von der Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten in die Diskussion eingebrachten Ansatz einer Bestandsschutzregelung für die deutsche und europäische Biokraftstoffproduktion auf der Basis der im Jahr 2010 verbrauchten Menge. Dieser Ansatz sieht keine Befristung vor und schafft damit zumindest eine Plattform für eine Existenzsicherung der im Wettbewerb effizientesten Biokraftstoffhersteller.  

Die UFOP fordert die EU-Kommission auf, den Vorschlag der GD Klimapolitik zu überarbeiten und die Frage der „iLUC-Hypothese“ endlich auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen. Die dem Vorschlag zur Einführung von „iLUC“-Faktoren zugrunde liegende Studie des IFPRI-Institutes wurde bisher keiner wissenschaftlichen Revision unterzogen. Und dass bei der Verarbeitung von Rapssaat neben dem Rapsöl mit 60% Mengenanteil auch ein hochwertiges Eiweißfuttermittel anfällt, wird weiterhin nicht angemessen in die Treibhausgasbetrachtung einbezogen. Wenn alleine in Deutschland kein Raps mehr für die Biodieselproduktion angebaut wird, müssen etwa 3 Mio. Tonnen Sojaschrot zusätzlich importiert werden – diese Landnutzungsänderung entspricht dann etwa 1,4 Mio. Hektar zusätzlichem Anbau in Südamerika.