Bekämpfung der Anthracnose bei Lupinen

Autor: Dr. Peter Römer, Südwestsaat GbR Rastatt

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Die Anthracnose ist die weltweit bedeutendste Krankheit der Lupinen

Der Erreger der Anthracnose ist ein Pilz der Gattung Colletotrichum, der als lupinenspezifische Art angesprochen werden muss. Der Pilz wird in erster Linie mit dem Saatgut übertragen und kann bei entsprechender Witterung, vor allem Nässe ist entscheidend, bis zum Totalausfall des Bestandes führen. Neben diesem, für die breite Landwirtschaft bedeutenden Problem, ergibt sich aber zusätzlich die Schwierigkeit der Saatguterzeugung. Wegen der Samenbürtigkeit sind auch Partien mit einem geringen Befall, der sich oft ertraglich gar nicht auswirkt, für eine Wiederaussaat nicht geeignet, wenn das Saatgut unbehandelt ausgesät wird. Der Schaderreger befällt alle Lupinenarten, wobei Weiße Lupinen am stärksten und Blaue Lupinen am wenigsten anfällig sind. Gelblupinen nehmen eine Mittelstellung ein.  Erfahrungen aus der Praxis haben in den letzten Jahren gezeigt, dass ein Anthracnose-Spätbefall im Bestand in ertraglicher Hinsicht toleriert werden kann. Demzufolge ist für die Aufrechterhaltung eines wirtschaftlich relevanten Lupinenanbaues in Deutschland einschließlich der Saatguterzeugung entscheidend, das im Saatgut befindliche Anthracnose-Infektionspotenzial zu eliminieren bzw. auf einen tolerierbaren Wert abzusenken. Dazu wurde im Jahr 1999 bei Weißen und Gelben Lupinen an zwei Standorten die Wirksamkeit von chemischen Beizmitteln bzw. von Warmwasserbehandlung auf den Anthracnosebefall und den Lupinenertrag geprüft.

Symptome des Anthracnosebefalls

Im Jungpflanzenstadium:

Einschnürung des Blattstieles; Herabhängen der Fiederblätter; Absterben dieser Pflanzen bei feuchter Witterung; Stillstand des Befalls bei trockener Witterung. - Die Symptome sind in diesem Stadium relativ unauffällig.

An Pflanzen vor oder während der Blüte:
 
Verdrehte Stengel wie nach Wuchsstoff-Herbizidschaden; Blattstiele knicken ab; Blätter welken; Eingesunkene Flecken ("Brennflecken") mit braunem Rand und orangefarbenem Zentrum (Konidienlager des Pilzes) an der Innenseite der Verkrümmungen. - Typisch ist in diesem Stadium das Auftreten von Befallsnestern im Bestand.

An den Hülsen:

Meist typische "Brennflecken"; Oft Deformierung und Verkrümmung der Hülsen. - Spätbefall ohne vorherigen frühen Befall ist meist gleichmäßig verteilt im Bestand festzustellen oder auf dem Vorgewende konzentriert, was auf einen Eintrag des Erregers von außen schließen lässt. Der Hülsenbefall lässt sich bei Weißen Lupinen am besten im reifen Zustand, bei Gelben und Blauen Lupinen im grünen, unreifen Zustand erkennen. Häufig werden sowohl an vegetativen Pflanzenteilen als auch an Hülsen nur unspezifische Flecken ausgebildet (keine typischen "Brennflecken").

Am Saatgut:

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Keine typischen Symptome. - Auch gesund aussehende Körner können infiziert sein. Der Pilz kann sowohl auf der Samenoberfläche als auch im Samen überdauern.

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Schlussfolgerungen und Empfehlungen ...

... für die Saatgutbehandlung

Durch die Beizung des Saatgutes kann der Befall mit Anthracnose erheblich reduziert und das Anbaurisiko minimiert werden. Befallsarmes Saatgut kann nach Anwendung einer effizienten Saatgutbehandlungsmethode ein ähnliches Ertragsniveau erreichen wie ein aus gesundem Saatgut gewachsener Bestand.

Zur Erzielung maximaler Lupinenerträge sind andere Präparate einzusetzen als zur Produktion möglichst befallsfreier Bestände.

Die für Leguminosen zugelassenen TMTD-Beizen erfassen nur den äußerlichen Saatgutbefall und zeigen oft eine ungenügende Wirkung (z. B. Tutan Flüssig, 400ml/100kg Saatgut).

Das Präparat Rovral UFB bietet einen guten Kompromiss zwischen Verträglichkeit und Wirkung (300 ml/100 kg Saatgut, mit Wasser 1:1 verdünnt). Der Bekämpfungserfolg ist besser als bei den TMTD-Beizen, negative Wirkungen auf den Keimling und die Knöllchenbakterien bestehen nicht. Rovral UFB ist für die Anthracnosebekämpfung bei Lupinen zugelassen.

Die besten Beizerfolge gegen Anthracnose wurden bei Gelben und Weißen Lupinen in den Versuchen der vergangenen Jahre mit dem Beizmittel Solitär erreicht (200 ml/100 kg Saatgut, 1:2 mit Wasser verdünnt). Solitär verursacht jedoch eine Wachstumsdepression bei der Keimung, die sich aber meist wieder verwächst. Frühsommertrockenheit kann allerdings dazu führen, dass die Bestände durch fortgesetzten Stress mit Ertragseinbußen reagieren. Aufgrund der momentanen Zulassungssituation darf Solitär nur in Vermehrungsbeständen, nicht jedoch in Beständen, die zur Futter- oder Nahrungsmittelproduktion dienen, eingesetzt werden. Die Verträglichkeit von Solitär bei Blauen Lupinen ist neuesten Erkenntnissen zufolge besser bei Gelben Lupinen. Die bei der Keimung auftretenden Verzögerungen verwachsen sich rasch wieder.

Die Warmwasserbehandlung des Saatgutes ist eine Erfolg versprechende nicht-chemische Methode, deren technische Durchführbarkeit aber noch überprüft werden muss.

... für weitere Maßnahmen

Der wichtigste Baustein zur integrierten Bekämpfung der Anthracnose ist die Verwendung von anerkanntem, zertifiziertem und gebeiztem Saatgut.

Prinzipiell müssen alle Saatgutpartien nach dem von FEILER und NIRENBERG entwickelten Test untersucht werden. Mit Ausnahme des ökologischen Landbaues sollte nur gebeiztes Saatgut zur Aussaat kommen.

Partien mit starkem Saatgutbefall (> 5 %) dürfen auf keinen Fall wieder ausgesät werden und müssen verfüttert werden. Negative Auswirkungen auf die Tiergesundheit sind nicht bekannt.

Die Verschleppung der Anthracnose von Feld zu Feld ist zu vermeiden. Bei Arbeitsgängen mit Maschinen, z. B. mechanischer Unkrautbekämpfung durch Striegeln, zuerst in gesunde Bestände fahren und danach in befallene. Nicht durch befallene Bestände laufen, vor allem nicht, solange die Pflanzen nass sind. Vorbeugend sind Maschinen gründlich zu säubern und die Kleidung zu wechseln, bevor in einen anderen Schlag gefahren bzw. gegangen wird. Es darf keine Erde von einem zum anderen Feld verschleppt werden (z. B. mit Rädern von Maschinen, Traktoren).

Die Übertragung der Anthracnose auf das Saatgut in Maschinen ist zu vermeiden (z. B. Drillmaschine, Mähdrescher, Saatgutaufbereitungsanlage). Sollte festgestellt werden, dass eine gesunde Partie nach einer infizierten durch eine Maschine gelaufen ist, so kann man davon ausgehen, dass diese nun ebenfalls infiziert ist.

Im Vermehrungsanbau sollten als Maßnahme gegen Anthracnosebefall Fungizidspritzungen eingesetzt werden. Der erste Bekämpfungstermin muss frühzeitig, d. h. im 4- bis 6-Blatt-Stadium der Lupinen erfolgen, eine zweite Spritzung kann sich 2 bis 3 Wochen danach anschließen. Gegen den Spätbefall sind diese frühzeitigen Spritzungen jedoch unwirksam. Eine Spritzung beim Sichtbarwerden von Symptomen kann den Krankheitsverlauf bestenfalls verlangsamen, nicht jedoch stoppen. Folgende Fungizide bzw. Fungizidkombinationen haben sich in Versuchen und nach eigenen Erfahrungen bewährt: Amistar (Ortiva) (1 l/ha) zum ersten Spritztermin und Amistar (Ortiva) + Folicur (1,0 + 0,5 l/ha) zum zweiten Spritztermin. Fungizidspritzungen in Konsumbeständen sind in der Regel nicht wirtschaftlich.
Bei allen Pflanzenschutzmitteln ist der aktuelle Zulassungsstand zu beachten!

Die Einhaltung der bei Lupinen üblichen Anbaupause von 4 bis 5 Jahren sollte selbstverständlich sein und ist als weiterer Baustein einer integrierten Anthracnosebekämpfung anzusehen. Das gleiche gilt für die Wahl von optimalen Anbaubedingungen (Standortwahl, Aussaatzeit), die zur Reduzierung des Verlustrisikos beitragen.

Die Überlagerung von Saatgut über einen Zeitraum von 1 bis 2 Jahren führt in Abhängigkeit von der Lagertemperatur zu einer deutlichen Verringerung des Saatgutbefalls.
Bei einer Lagerung des Saatgutes über 6 Monate bei 10 °C kann von einer Abnahme des Anthracnosebefalls um etwa 50 % ausgegangen werden. Bei der Lagerung über 15 Monate bei 20 °C nimmt der Befall um 90 % ab, bei 30 °C über einen Zeitraum von 9 Monaten ist das Saatgut praktisch befallsfrei.  Eine ausführliche Darstellung des Versuches einschließlich weiterer Auswertungen wird im Frühjahr 2001 in den UFOP-Schriften veröffentlicht werden.
Die UFOP bedankt sich für die Durchführung der Feldversuche bei allen beteiligten Standorten sowie für die Betreuung und Koordination der Versuche durch die Südwestsaat GbR Rastatt.