
Strategien für die Rapserdflohbekämpfung
Zeitnah nach einer Pyrethroidspritzung erneut volle Gelbschalen richtig einschätzen
Der Befall mit Rapserdflöhen und der daraus resultierende Schaden gilt als derzeit größte Herausforderung im Rapsanbau. Hintergrund ist, dass nach dem Wegfall der neonicotinoiden Beizung 2013 eine Bekämpfungsmöglichkeit weniger zur Verfügung steht sowie die Pyrethroid-Resistenz – je nach Region – vorangeschritten ist. In Kombination mit günstigen Witterungsbedingungen sorgte dies in den letzten Jahren für eine starke Vermehrung des Rapserdflohs.
Allerdings steht mit den Notfallzulassungen für die beiden neuen Insektizide aus der Klasse der Diamide eine neue Wirkstoffgeneration zur Verfügung, die in Starkbefallsregionen zur Regulierung beitragen kann. Ihre Wirksamkeit haben die neuen Produkte in Versuchen und Praxis unter Beweis gestellt, und sie werden von der Beratung entsprechend für einen späteren Einsatztermin zur Bekämpfung der Larven empfohlen. Auch für die Winterrapsaussaat 2025 werden diese Notfallzulassungen wieder erwartet.
Darüber hinaus ist eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Rapsanbau, alle produktionstechnischen Maßnahmen von der Ernte der Vorfrucht über die Saatbettbereitung und Aussaat bis zur Vegetationsruhe des Winterrapses darauf abzustellen, einen gleichmäßigen und wüchsigen Rapsbestand mit starken Einzelpflanzen zu etablieren, da dieser Schädlingsbefall besser tolerieren kann.
Überwachung und Bekämpfungsempfehlung
In Hauptbefallsgebieten und bei langjährig bekanntem Termin des Hauptzuflugs sollten ggf. ackerbauliche Anpassungen wie z. B. eine Frühsaat vorgenommen werden, um das Zusammentreffen von Rapsauflaufen und Hauptzuflug der Käfer zu vermeiden. Allerdings kann eine Frühsaat nicht generell als ackerbauliche Lösung der Erdflohproblematik empfohlen werden, da hiermit weitere phytopathologische Probleme wie z. B. verstärktes Risiko von Kohlhernie- und Verticilliumbefall, stärkerer Befall durch die Kleine Kohlfliege und/oder die Gefahr des Überwachsens vor Winter einhergehen.
Die Überwachung des Rapserdflohs erfolgt mittels Sichtkontrolle der Pflanzen sowie Gelbfangschale ab Termin unmittelbar nach der Saat bis Ende Oktober bzw. über Zählung der Larven pro Pflanze von Oktober bis Dezember. Je nach Entwicklungsstadium des Rapses gelten die untenstehenden unterschiedlichen Bekämpfungsrichtwerte, die strikt beachtet werden sollten.
Für eine Bekämpfung nach Überschreiten des jeweiligen Bekämpfungsrichtwerts werden mit einer Grundzulassung ausschließlich Insektizide aus der Klasse der Pyrethroide empfohlen. In den Jahren 2021 bis 2023 bundesweit durchgeführte Ringversuche der Landespflanzenschutzdienste belegen, dass mit wenigen Ausnahmen trotz Pyrethroidresistenz die Wirksamkeit einer Behandlung im Feld nach wie vor ausreichend ist. Eine Empfehlung für unmittelbar aufeinanderfolgende Pyrethroid-Mehrfachspritzungen wird daher nicht ausgesprochen, um die Resistenzausbildung nicht noch zu beschleunigen.
Verstärkte Aktivität der Käfer nach einer Behandlung
Zu beachten ist weiterhin, dass zeitnah nach einer Pyrethroid-Spritzung die Gelbfangschalen wieder sehr schnell mit Rapserdflöhen gefüllt sein können – man geht hier von einem Zeitraum von etwa 3–4 Tagen aus. Diese erneut vollen Schalen sind jedoch nicht automatisch als ein Zeichen für mangelhafte Insektizidwirksamkeit oder für einen erneuten Zuflug neuer Käfer auf den Schlag zu verstehen, sondern scheinen auf eine verstärkte Aktivität der Rapserdflöhe als Reaktion auf die Behandlung zurückzugehen. Entsprechende Beobachtungen gibt es aus verschiedenen Insektizidversuchen des JKI. Als Erklärung sollte man sich in Erinnerung rufen, dass Rapserdflöhe nicht von der Farbe Gelb angezogen werden, sondern zufällig in den Gelbfangschalen landen, wenn sie sich über den Schlag bewegen. Neu in den Gelbfangschalen befindliche Rapserdflöhe sind daher nicht in jedem Fall auch neu auf den Schlag zugeflogen, sondern können sich schon vorher auf dem Schlag befunden haben.
Schwarzen Kohltriebrüssler vor der Eiablage bekämpfen
Sofern an Ihrem Standort auch der Schwarze Kohltriebrüssler auftritt, werden Insektizidapplikationen nach dessen Erscheinen im Bestand auf ihn ausgerichtet (ab Oktober). Das Schadpotenzial dieses Rüsslers ist höher als das des Erdflohs. Die Eiablage beginnt wenige Tage nach dem Einflug. Eine Bekämpfung mit Pyrethroiden muss vor der Eiablage erfolgen.
Die Resistenzentwicklung beim Rapserdfloh in Deutschland wird weiterhin beobachtet und entsprechende Tests sowohl von Seiten des JKI als auch von der Firma Bayer durchgeführt. Über Änderungen im Status wird berichtet. Sofern Sie den Verdacht haben, dass an Ihrem Standort eine Resistenz vorliegt, die die Bekämpfung mit Pyrethroiden trotz passendem Termin, optimaler Mittelwahl und richtiger Vorgehensweise unwirksam macht, sprechen Sie bitte Ihren Landespflanzenschutzdienst an.
Bekämpfungsrichtwerte
für Rapserdflohbefall in Abhängigkeit vom Entwicklungsstadium des Rapses:
Bis zum 3-Blattstadium (BBCH 13):
- Der Bekämpfungsrichtwert liegt bei > 10 % Lochfraß der Blattfläche.
- Eine frühe Insektizidbehandlung hat zum Ziel, das Überleben des noch jungen Rapsbestandes sicherzustellen, indem der Reifungsfraß der adulten Käfer eingeschränkt wird. Bei Überschreiten des Bekämpfungsrichtwerts für den Lochfraß sollte zügig behandelt werden, um weitere Schäden zu vermeiden. Ab dem 3-Blattstadium ist der Raps i. d. R. der kritischen Phase entwachsen, sodass Fraßschäden tolerierbar sind.
Ab dem 3-Blattstadium (BBCH 13) bis zum 6-Blattstadium (BBCH 16):
- Der Bekämpfungsrichtwert liegt bei 50–75 Käfern in der Gelbfangschale innerhalb von drei Wochen.
- Eine Behandlung nach Überschreiten des Bekämpfungsrichtwerts durch Gelbschalenfänge sollte – wenn möglich – erst ab Ende September erfolgen. So wird gewährleistet, dass auch spät zugeflogene Käfer erfasst werden. Mit einer Insektizidmaßnahme im Oktober werden die kleinen Larven in der Regel noch ausreichend bekämpft. Allerdings muss für eine gute Wirksamkeit gegen die sich aus- und einbohrenden Larven auch eine gute Benetzung der Blattstiele mit dem Insektizid gegeben sein.
Ab 6-Blattstadium (BBCH 16) – i. d. R. von Oktober bis Dezember:
- Als Bekämpfungsrichtwert gilt ein Befall von 3 Larven/Pflanze in schwachen Beständen bzw. 5 Larven/Pflanze in wüchsigen Beständen.
- Hierfür müssen die Stängel der Rapspflanzen aufgeschnitten oder die Larven nach der sogenannten Berlese-Methode (siehe Conrad et al. 2016) ausgetrieben werden.
Für Situationen mit Starkbefall ist im Jahr 2022 erstmals eine Artikel-53-Genehmigung („Gefahr in Verzug“) für zwei neue Mittel der Wirkstoffklasse der Diamide erteilt worden. Die einmalig mögliche Behandlung richtet sich in erster Linie gegen die Larven des Rapserdflohs und sollte ab Beginn der Eiablage bis zum 9-Blattstadium (BBCH 19) erfolgen. Auch für diese Insektizidklasse ist eine gute Benetzung der Blattstiele von Vorteil, in die sich die Larven aus- und einbohren.