Pflanzenzüchtung am Beispiel Raps

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Der Augustinermönch Gregor Mendel gilt heute als Urvater der Vererbungslehre und ist der wohl bekannteste „Erbsenzähler“ der Welt. 1866 veröffentlichte er seine drei Mendel’schen Regeln über den Ablauf der Vererbung. Heute gelten sie nach wie vor und bilden die Grundlage der klassischen Pflanzenzüchtung – auch für den Raps.

Wie Gregor Mendel sind auch die Rapszüchter von heute Menschen mit Visionen. Sie denken in Zeiträumen von Dekaden. Der Grund hierfür liegt im hohen zeitlichen Aufwand, denn es braucht Geduld, um eine neue Rapssorte bis zur Markteinführung zu bringen. Rund zwölf Jahre dauert ein solches Vorhaben.

Rapsöl in der Ernährung
Der Grundstein für den Erfolg des Rapsanbaus wurde erst vor wenigen Jahrzehnten gelegt. So gelang 1974 der große Durchbruch in der Rapszüchtung. Damals wurde zum ersten Mal erucasäurefreier Raps (0-Raps/ Null-Raps) angebaut. Bis dahin waren die Einsatzmöglichkeiten von Raps und dem daraus gewonnenen Öl aufgrund der in ihm enthaltenen Erucasäure stark eingeschränkt. Erst der Austausch dieser Fettsäure durch die ernährungsphysiologisch wertvolle Ölsäure hat Raps und Rapsöl zu einem begehrten Rohstoff in der Ernährungsindustrie gemacht.

Ein weiterer Zuchterfolg
Das nun für den Genuss geeignete Öl hinterließ zu dieser Zeit bereits in der Herstellung eiweißhaltiges Rapsschrot, das sich jedoch wegen seines bitteren Geschmacks nur begrenzt als Futtermittel eignete. 1985, also elf Jahre nach dem ersten Züchtungserfolg, waren die Rapszüchter endlich so weit: Mit einer Reduktion des Gehaltes an den für den bitteren Geschmack verantwortlichen Glucosinolaten auf unter 10 Prozent des Ausgangswertes (00-Raps/Doppel-Null-/Null-Null-Raps) wurden dem Rapsschrot Tor und Tür für die erfolgreiche Vermarktung als Tierfutter geöffnet. Die Bedeutung gerade dieses zweiten Züchtungserfolgs und damit auch die Weitsicht der deutschen Rapszüchter wurden in den letzten Jahren umso deutlicher, je größer die Wertschätzung für pflanzliches Eiweiß aus heimischer Erzeugung wird. Hatte sich in den letzten Jahrzehnten importiertes Soja als Eiweißquelle Nummer 1 in deutschen Ställen etabliert, wird dies heutzutage sehr stark infrage gestellt. Stattdessen setzen immer mehr Landwirte aus Gründen der Nachhaltigkeit, zum Schutz der Umwelt und zur Schonung von Ressourcen auf hochwertiges Rapsschrot als Futtermittel.

Erst die Pflanzenzüchtung hat Raps zu einer für die Land- und Ernährungswirtschaft interessanten Pflanze gemacht. Davon profitieren heute neben Landwirtschaft und Verbraucherinnen und Verbrauchern vor allem auch die Umwelt und die Natur. Die Arbeit der Züchtung ist damit noch lange nicht beendet. Aus ihrer Sicht bildet der 00-Raps eine hervorragende Basis für neue Züchtungsziele im Hinblick auf Qualität, Ertragshöhe und -sicherheit. Auch ernährungsphysiologische Aspekte bestimmen die Arbeit der Rapszüchtung.

Rapsöl: eine besiegelte Qualität
Die Vision „maßgeschneiderter“ Rapsöle für unterschiedliche Anwendungsbereiche und Bedürfnisse kommt ihrer Verwirklichung Schritt für Schritt näher. So wird heute bereits ein Rapsöl mit einer ausgezeichneten Fähigkeit zur Langzeithocherhitzung angeboten, das über einen hohen Rauchpunkt und eine gute Stabilität verfügt. Daher ist es ideal für den Einsatz in der Ernährungsindustrie, der Gemeinschaftsverpflegung sowie der Schnellgastronomie. Gewonnen wird das Öl aus dem HOLL-Raps. Dabei handelt es sich um Rapssorten mit einem hohen Gehalt an einfach ungesättigter Ölsäure (HO = High Oleic) und einem reduzierten Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (LL = Low Linolenic). Eine optimale Ergänzung dazu wären Rapssorten mit einem noch höheren Gehalt an wertvoller alpha-Linolensäure als bisher. Sie könnten die Ausgangsbasis für ein kaltgepresstes Rapsöl sein, das unsere Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren noch deutlich verbessern würde. Daneben gibt es bereits seit einigen Jahren den sogenannten Eruca-Raps, eine Qualität mit rund 50 Prozent Erucasäure im Fettsäurenmuster, dessen Öl ausschließlich für technische Anwendungen wie zum Beispiel die Waschmittelherstellung zum Einsatz kommt.

Auf Mendels Spuren

Er ist der bekannteste Erbsenzähler der Welt und gilt heute als Begründer der Molekulargenetik: der Augustinermönch Gregor Mendel. 1856 hat er in Brünn mit seinen berühmten Erbsenversuchen begonnen. Mit sieben verschiedenen Samenarten kultivierte Mendel circa 28.000 Erbsenpflanzen und führte 10.000 Kreuzungen durch. mehr...

Wegbereiter Rapszüchtung

In Deutschland wird Raps heute jährlich auf über 1,3 Mio. Hektar angebaut. Gemessen an der Gesamtackerfläche ist Raps damit die wichtigste Öl liefernde Pflanze und zugleich auch eine der bedeutendsten Kulturpflanzen für die deutsche Landwirtschaft überhaupt. Die modernen Rapssorten sind das Ergebnis intensiver züchterischer Arbeit, durch die Rapsöl in einer gänzlich neuen Qualität erhältlich ist. Daneben stand und steht stets die Ertragssteigerung im Mittelpunkt der Rapszüchtung. mehr...

Neue Ziele

Züchtung ist ein kontinuierlicher und fortwährender Prozess. Mit dem 00-Raps hat man eine hervorragende Ausgangsbasis für die heutige Qualitätszüchtung geschaffen. Agroökonomische und anwenderorientierte Ansprüche bestimmen die Zuchtziele. So sind Qualität, Ertrag und Ertragssicherheit drei Kernziele in der Rapszüchtung. mehr...