Kraftstoffe der Zukunft 2014 - 11. Internationaler Fachkongress für Biokraftstoffe 20./21. Januar 2014

Grußwort Wolfgang Vogel, Vorsitzender der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP)

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Sehr geehrte Damen und Herren,

ich heiße Sie im Namen des UFOP-Vorstandes sowie der mitveranstaltenden Fachverbände der Biokraftstoffwirtschaft Bundesverband Bioenergie, Bundesverband der Deutschen Bioethanolwirtschaft, dem Fachverband Biogas und dem Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie herzlich willkommen.

Über 500 Teilnehmer aus dem In- Ausland bestätigen erneut das große Interesse der Biokraftstoffbranche, der Verbände sowie von Politik und Wissenschaft am Thema Biokraftstoffe.

Ich danke ebenfalls der Presse für ihr Kommen.

Das Thema der Erneuerbaren Energien wird hierzulande, aber auch auf Europäischer Ebene äußerst intensiv diskutiert, zuweilen leider sehr emotional.

Mitunter mangelt es der Debatte an der gebotenen Sachlichkeit und wahrheitsgemäßen Darstellung.

Mir drängt sich der Eindruck auf, dass aus Sicht der jeweiligen Brille Biokraftstoffe für praktisch alle Probleme verantwortlich gemacht werden.

Die landwirtschaftliche Urproduktion wird dabei über einen Kamm geschert mit den seit Jahren üblichen plakativen Stichworten wie „Überdüngung“, „Monokulturen“, „negativer Treibhausgasbilanzen“ usw.

 

Biokraftstoffe werden sogar für den Hunger in der Welt mehr oder weniger alleine verantwortlich gemacht.

In Afrika werden sie für den „Landraub“ verantwortlich gemacht, in Asien und Südamerika für die Urwaldabholzung und für die Ausweitung des Sojaanbaus.

Kein Wunder, dass die Politik unter diesem Feuer in Deckung geht!

Angesichts neuer Erfolge bei der Erschließung fossiler Quellen, insbesondere durch das Fracking in den USA, ist zudem die Frage der Ressourcensicherung bzw. -abhängigkeit in den Hintergrund getreten.

Offenbar zählt nur noch der günstigste Preis!

Fossile Brenn- und Kraftstoffe gelten dadurch in Deutschland und Europa als Inflationsbremse, Lebensmittelpreise sollen dagegen die Inflation antreiben.

Mit unserer 11. Internationalen Biokraftstofftagung wollen wir als Veranstalter diese kritischen Themen bewusst vor allem sachgerecht in den Vordergrund stellen und damit auch der Politik Mut machen, jetzt nicht eine Branche mit all ihren Arbeitplätzen mit Sicht an die Wand zu fahren.

Aktuell müssen wir uns intensiv mit den Vorschlägen der EU-Kommission zur Änderung der EU-Biokraftstoffpolitik auseinander setzen, die zu einer Begrenzung der Biokraftstoffe der ersten Generation führen würden.

Aber wir müssen heute schon auch die Zeitspanne nach 2020 im Blick haben, gerade weil diese Diskussion nach meinem Gefühl zurzeit sehr „stromlastig“ geführt wird.

Ich sage dies nicht ohne Grund.

Im Dezember 2013 haben sich einige Wirtschafts- und Umweltminister der EU, allen voran Deutschland, Frankreich, England und Italien gegenüber den EU-Kommissaren Hedegaard und Oettinger für ein verbindliches Klimagasreduktionsziel in Höhe von mindestens 40 Prozent bis 2030 ausgesprochen.

Dabei ist keine Rede von einem Unterziel für Biokraftstoffe!

Im Gegenteil, die Kommission beabsichtigt offenbar die Kraftstoffqualitätsrichtlinie im Jahr 2020 auslaufen zu lassen.

Für mich ist dies ein klimapolitischer Skandal, weil die Kommission damit die Mineralölindustrie aus ihrer unmittelbaren Verpflichtung entlassen würde, mindesten 6 Prozent Treibhausgas einsparen zu müssen.

Sie entzieht sich damit ihrer Verantwortung auch Biokraftstoffen der ersten Generation eine Perspektive über 2020 hinaus geben zu müssen.

Man mag es kaum glauben – die europäischen Umwelt- und Biokraftstoffverbände haben erstmals gemeinsam an die Kommission appelliert, die FQD nicht auslaufen zulassen.

_Weil wir alle wissen, dass selbst beim besten Willen bis dahin bei weitem nicht ausreichend Produktionskapazität der so genannten zweiten Generation Biokraftstoffe zur Verfügung steht.

Zudem werden vorrangig Biokraftstoffe benötigt, die Dieselkraftstoff ersetzen.

Die so genannten BTL-Kraftstoffe sind nach wie vor großtechnologisch nicht realisiert.

Es ist richtig die Forschungsbemühungen auf nationaler und europäischer Ebene zu verstärken, aber bitte begleitet von einer Biokraftstoffstrategie, die einen schrittweisen Übergang von der ersten zur zweiten Generation ermöglicht.

Schließlich muss auch der Wettbewerb entscheiden, der aber nicht durch willkürliche Anrechnungsfaktoren im wahrsten Sinne des Wortes befeuert werden darf.

Für die Zukunftssicherung der europäischen Biokraftstoffbranche mahnen wir eine ambitionierte Dekarbonisierungsstrategie im Transportsektor in Form der Fortführung eines Unterziels an.  

Dieses Ziel vermissen wir im Grünbuch der Kommission.

Grundsätzlich sind sich die Experten einig, dass kurz- bis mittelfristig nur mit Biokraftstoffen als kostengünstigste Alternative der Transportsektor einen substantiellen Beitrag zur Treibhausgasminderung leisten kann.

Mit einer jetzt längerfristig ausgerichteten verbindlichen Zielvorgabe können die technologische Weiterentwicklung von Biokraftstoffen voran- getrieben und schließlich Investitionen ausgelöst werden.

Die förderpolitischen Rahmenbedingungen und Entwicklungsstrategien für den Zeithorizont nach 2020 müssen jetzt geschaffen werden.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Bomba, Ihr Ministerium ist mit dem Dialogprozess zur Entwicklung einer Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie voran maschiert.

Wir alle wissen, es ist noch nicht der große Wurf.

Dennoch setzen wir unsere Hoffnung darauf, dass der Dialog im Rahmen der wiederholt betonten „lernenden Strategie“ jetzt fortgeführt wird.

Ich bitte Sie diesen Diskussionsprozess analog auf europäische Ebene zu initiieren – es ist ja wohl offensichtlich, dass es hier an einer die Mitgliedsstaaten übergreifenden und einbeziehenden Strategie fehlt.

Schon jetzt danke ich Ihnen für Ihren Einsatz.

Deutschland stellt seine Gesetzgebung bei Biotreibstoffen ab 2015 auf die Treibhausgasquote um. Deutschland ist damit – einmal wieder, wenn man es positiv formulieren will – Vorreiter in Europa.

Wir kennen zwar noch nicht die konkrete ordnungsrechtliche Umsetzung, allerdings dürfte die Treibhausgaseffizienz ein Schlüssel für den Marktzugang sein.

Der CO2-Wettbewerb erhält damit – auch mit Blick auf den Rohstoffeinsatz – eine besondere „Qualität“, zumal mit der Umstellung die wettbewerbsverzerrende Mehrfachanrechnung von Biokraftstoffen aus Reststoffen oder Abfallölen entfällt.

Die UFOP hatte vor diesem Hintergrund das Deutsche Biomasseforschungszentrum beauftragt, eine kritische Bewertung der aus diesen Rohstoffen hergestellten Biokraftstoffe vorzunehmen.

Besonders die Frage nach der Treibhausgas-Bewertung des Rest- bzw. Abfallstoffs selbst stand im Mittelpunkt.

Die Ergebnisse werden im Parallelforum 1C vorgestellt.

Als Präsident des Sächsischen Bauernverbandes warne ich davor die Verfügbarkeit der Reststoffe über zu bewerten.

Die Insolvenz von CHOREN sollte hier ein mahnendes Beispiel sein.

Übrigens: Den Begriff „Reststoffe“ kennt die Landwirtschaft nicht!

Die Potenziale werden meines Erachtens überschätzt, weil nicht zuletzt die Transportwürdigkeit gering ist.

Ob die regionale Verflüssigung als Vorstufe dieses Problem verringert, muss sich erst noch zeigen.

Es wäre völlig unsinnig, wenn die Produktion von Stroh durch einen Anrechnungsfaktor – wie von der Kommission vorgeschlagen – , wirtschaftlich interessanter wäre als die eigentliche Getreideproduktion!

Meines Erachtens würde dies den Tatbestand einer Überförderung erfüllen - heute schon ablesbar an den höheren Preisen für Altfettmethylester im Vergleich zu Rapsölmethylester.

Ich stelle hier die Frage, ob solche Biokraftstoffe nicht auch mit einem iLUC- Faktor versehen werden müssten – wenn man denn die iLUC-Methodik überhaupt akzeptiert.  

Denn ein höherer Strohertrag führt zu geringeren Getreideerträgen!

Damit wäre ich bei einer weiteren intensiv geführten Diskussion.

Die Experten sind sich einig, dass indirekte Landnutzungsänderungen (iLUC) nicht messbar, sondern allenfalls mehr oder weniger schlecht modellierbar sind.

Dies hat schließlich auch das IFPRI-Institut selbst gegenüber dem Europäischen Parlament betont.

Wir lehnen deshalb die Einführung von iLUC-Faktoren, auch in der Berichterstattung, ab.

Nicht absprechen möchte ich den Forschungsbedarf – hier muss sicherlich mehr getan werden.

Aber um den Urwald gegen illegale Abholzungen zu retten, müssen jetzt bilaterale Verhandlungen vorangetrieben werden.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es den Urwaldschutz zum „Null-Tarif“ geben kann – hier muss auch die Frage nach einer Kompensation diskutiert werden.

In aller Deutlichkeit möchte ich aber feststellen, dass die Rohstoffnachfrage nach Biokraftstoffen dabei allenfalls eine untergeordnete Rolle spielt.

Gerade deshalb ist es jetzt wichtig, dass die Vorbildfunktion der EU-Biokraftstoffpolitik in Form der Zertifizierungsanforderungen, der Systemzulassung und deren qualitative Umsetzung und Dokumentation endlich anerkannt wird.

Nur bei Biokraftstoffen gibt es diese gegenüber Drittstaaten rechtlich verankerte Anforderungskulisse!

Die stoffliche Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen zieht jetzt hierzulande nach.

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe fördert das sogenannte „INRO“-Projekt, wobei INRO für „Initiative Nachhaltige Rohstoffbereitstellung für die stoffliche Biomassenutzung“ steht.

Die FNR hat zudem ein Projekt des WWF zur kritischen Evaluierung von Zertifizierungssystemen gefördert.

Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass Biokraftstoffe eben nicht ins Abseits gedrängt werden, sondern vielmehr als politisch wirksamen Hebel genutzt werden, um Nachhaltigkeitskriterien international voran zu bringen, damit schließlich auch die erzielte Wertschöpfung kontrollierbar bzw. messbar in Drittstaaten vor Ort ankommt.

In diesem Sinne hoffe ich der weiteren Diskussion im Verlauf der Konferenz einige Impulse gegeben zu haben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!