Internationale Ölsaatenerzeuger fordern Entscheidung auf rein wissenschaftlicher Grundlage

Berlin, 21. August 2014 – Auf Einladung der französischen Organisation der Öl- und Proteinpflanzenerzeuger (Federation Francaise des Producteurs d’Oleagineux et de Proteagineux – FOP) fand Anfang Juli 2014 der Internationale Ölsaaten-Produzenten Dialog (IOPD) in Paris statt. Zum 17. Mal trafen sich Erzeugervertreter von 15 Ölsaatenverbänden aus 10 Ländern, um aktuelle Fragen der Ölsaatenerzeugung und die zukünftigen Herausforderungen der Branche zu diskutieren. Die europäischen Rapserzeuger waren durch ihre Verbände FOP/Frankreich, NFU/England und UFOP vertreten.

Die jährlichen IOPD-Tagungen sind mittlerweile gute Tradition und stärken den Dialog der Erzeuger aus den verschiedenen Anbauregionen der Welt. Der Austausch dient aber nicht nur der Darstellung der jeweiligen Versorgungslage, die aktuell weltweit aufgrund großer Sojaernten in Nord- und Südamerika von einem reichlichen Angebot geprägt ist. In Europa, in der Ukraine und in Kanada sorgten neben größeren Anbauflächen vor allem überdurchschnittliche Rapserträge für ein kräftiges Produktionsplus. Immer größeren Raum nehmen die Beratungen über aktuelle Entwicklungen in der Agrar- und Biokraftstoffpolitik ein, die erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Erzeugung und die Handelswege haben.

Die globale Marktentwicklung wird von den Konferenzteilnehmern aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage für Nahrungs- und Energiezwecke als durchweg positiv eingeschätzt. Deutliche Kritik üben die Soja- und Canola-Erzeuger an der unverändert restriktiven Haltung der EU gegenüber der Gentechnik. Grenzwerte für zufällige gentechnische Verunreinigungen werden aufgrund der enormen finanziellen Risiken als dringend notwendig erachtet. Mit großem Unverständnis wurde auch das Verbot der neonikotinoiden Saatgutbeizung durch die EU-Kommission kommentiert. Zunehmend würden politische Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von landwirtschaftlichen Produktionsfaktoren auf der Basis öffentlicher, oft emotional geführter Diskussionen getroffen. Die Teilnehmer fordern, Entscheidungen nur auf der Basis wissenschaftlicher Fakten zu treffen.

Neben den Änderungen der agrarpolitischen Rahmenbedingungen, insbesondere der Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) mit der Einführung der Greening-Vorgaben standen die Überlegungen zur Neuausrichtung der EU-Biokraftstoffpolitik  und eine mögliche Ausweitung der Zertifizierungsanforderungen auf weitere Bereiche der Agrarproduktion im Mittelpunkt der Beratungen. Die UFOP informierte in ihrer Präsentation über die Überlegungen zur Erweiterung der Nachhaltigkeitszertifizierung auf den Bereich der industriellen Biomassenutzung (INRO-Initiative) und die zum 1. Januar 2015 bevorstehende Änderung der nationalen Biokraftstoffregelung hin zu einer Treibhausgas-Minderungsvorgabe.

Die im Nachgang zur Tagung verabschiedete Resolution der IOPD XVII hat folgenden Wortlaut:

Abschlusserklärung

INTERNATIONALER ÖLSAATEN-PRODUZENTEN DIALOG (IOPD) XVII

30.06. – 01.07.2014 in Paris

Die unterzeichnenden Teilnehmer des International Oilseed Producer Dialogue (IOPD), der vom 30.06. – 01.07.2014 in Paris stattgefunden hat, verabschieden die folgende Erklärung:

Die Teilnehmer des IOPD arbeiten gemeinsam an der Entwicklung und Förderung eines soliden Geschäftsumfeldes in unserem Wirtschaftszweig, das es den Ölsaaterzeugern gestattet, auf lange Sicht überlebensfähige und rentable Umsätze zu erzielen. Die Teilnehmer erkennen die Notwendigkeit der Bereitstellung immer größerer Mengen von Eiweiß und pflanzlichen Ölen in der Welt. Dazu unterstützen wir verstärkte Forschung und Investitionen in die landwirtschaftlichen Bereiche in Entwicklungs- und Industrieländern.

Die Teilnehmer des IOPD unterstützen die umfassende Liberalisierung des Handels und einen verbesserten Marktzugang sowohl in Industrie-, als auch in Entwicklungsländern. Erzeuger und Verbraucher können am Wachstum des Nahrungsmittel- und Non-Food-Marktes partizipieren, das sich durch die weiter fortschreitende Liberalisierung ergibt. Die Teilnehmer des IOPD sind überzeugt, dass erfolgreiche Handelsgespräche zur Sicherung rentabler Einkommen für die Erzeuger von Ölsaaten und Eiweißpflanzen führen. Die Teilnehmer des IOPD sprechen sich gegen Produktionssteuern und differenzierte Export-Steuern aus, da sie die Wettbewerbsfähigkeit negativ beeinflussen und Verzerrungen in den Bereichen Produktion, Investitionen und Handel verursachen. Die Teilnehmer des IOPD unterstützen die Einführung wissenschaftlich basierter, weltweit einheitlicher Rückstandshöchstmengen, die den Handel nicht behindern.

Die Teilnehmer des IOPD unterstützen zeitgemäße, transparente und wissenschaftlich begründete Kontroll- und Zulassungssysteme für alle nachhaltigen Technologien – einschließlich der Biotechnologie – und zwar für alle Ölsaaten, pflanzlichen Öle und deren Produkte. Die Teilnehmer des IOPD befürworten synchrone Zulassungsverfahren für neue biotechnologische Konstrukte. Zur Vermeidung von Störungen des Handels fordern die Teilnehmer des IOPD die Regierungen auf, die nach dem CODEX zugelassenen Bewertungen und der Empfehlungen der Global Low Level Presence Initiative (GLI) für geringfügige Spuren von Biotechnologie-Konstrukten in international gehandelten Waren und Produkten umzusetzen und angemessene Schwellenwerte festzulegen. Die Teilnehmer des IOPD fordern, dass Regierungen die Zulassung von Biotechnologie-Konstrukten, deren Sicherheit durch die Anwendung nachgewiesen ist, auf längere Zeiträume ausdehnen oder unbefristet verlängern sollten.

Die Teilnehmer des IOPD würdigen den bei der Erschließung neuer Einsatzgebiete für Ölsaaten erreichten Fortschritt – einschließlich den Bereichen Biokraftstoffe, pflanzliche Öle und Eiweißprodukte –und unterstützen eine nachhaltige Entwicklung von umweltfreundlichen Produkten. Der IOPD begrüßt den Beitrag dieser Einsatzgebiete und die Stabilisierung des Marktes für eine nachhaltige Entwicklung.

Hinsichtlich der Annahmen im Zusammenhang mit „indirekten Landnutzungsänderungen (ILUC)“ besteht ein Bedarf an stark verbesserten, belastbaren wissenschaftlichen Belegen und einem internationalem Konsens, bevor die Schlussfolgerungen von iLUC in Vorschriften zu erneuerbaren Energien Eingang finden. Die Teilnehmer des IOPD sehen die Notwendigkeit, dass die Treibhausgas-Emissionen von fossilen und nicht-fossilen Rohstoffen, einschließlich Rest- und Abfallstoffen, neu bewertet werden und die Berechnungen wissenschaftlich überprüft werden müssen, bevor gesetzliche Regelungen getroffen werden und zwar unter Einbeziehung von Vertretern von Landwirten und Züchtern.

Die Mitglieder des IOPD befürworten einen vollständigen Zugang zu den sich ständig ändernden Technologien, die eine kosteneffiziente, sichere und nachhaltige Produktion von Ölsaaten ermöglichen können. Dies umfasst Verfahren der Pflanzenzüchtung sowie Maßnahmen des Pflanzenschutzes und der Düngung. Neue Technologien sollten ausschließlich auf der Grundlage von Ergebnissen seriöser wissenschaftlicher Untersuchungen eingeführt werden und in allen Ölsaaten produzierenden Ländern verfügbar sein.

Die Teilnehmer des IOPD sind nachhaltigen landwirtschaftlichen Produktionssystemen auf geeigneten Flächen für die Erzeugung von Nahrungsmittel, Futter und Non-Food-Erzeugnissen verpflichtet. Wir sind überzeugt, dass Umweltbewertungen auf tragfähigen, wissenschaftlich fundierten Fakten beruhen müssen. Die Teilnehmer des IOPD werden mit allen Interessengruppen der Lieferkette – einschließlich Multiplikatoren und Verbrauchern – zusammenarbeiten, um eine nachhaltige Entwicklung wissenschaftsbasiert, marktorientiert und versehen mit Preissignalen sicherzustellen.

Nachhaltige landwirtschaftliche Produktionssysteme erfüllen den Bedarf der heutigen Generation und ermöglichen es künftigen Generationen, ihren eigenen Bedarf zu decken, durch:

  • Steigerung der Produktivität bei gleichzeitiger Minderung der Auswirkungen auf die Umwelt.
  • Verbesserung des Zugangs zu sicheren Nahrungs- und Futtermitteln und der Herstellung von Kraftstoffen, welche die Luftqualität verbessern und die Freisetzung von Treibhausgasen reduzieren.
  • Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der landwirtschaftlichen Erzeuger und der weltweiten Gemeinschaft.

Die Teilnehmer des IOPD beschließen, Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit zu entwickeln, um über die Anstrengungen der IOPD-Teilnehmer zu informieren, eine nachhaltige Nahrungsmittelversorgung weltweit sicherzustellen. Dazu wird ein Austausch von Maßnahmen unter den Teilnehmern vereinbart.

Die Teilnehmer des IOPD stellen fest, dass vermehrt Forderungen von Aufkäufern oder aufgrund gesetzlicher Regelungen nach Zertifizierungen verschiedenen Produktionsverfahren gestellt werden. Wir sind der Überzeugung, dass alle Zertifizierungssysteme von Landwirten oder unter deren maßgeblicher Mitwirkung entwickelt werden sollten, um sicherzustellen, dass solche Zertifizierungen passend und wirtschaftlich praktikabel sind. Wir fordern die aufnehmende Hand auf, Zertifizierungssysteme zu akzeptieren, die substanziell vergleichbare Ergebnisse erbringen, so dass die Landwirte nicht mit der Forderung nach einer Mehrfach-Zertfizierung konfrontiert werden.

Die Erklärung steht im Original (englisch) mit der Liste der unterzeichnenden Organisationen hier zum Download bereit.