Beiträge zum Sortenprüfwesen bei Öl- und Eiweißpflanzen für die deutsche Landwirtschaft

Mit dem züchterischen Fortschritt ist eine stetige Verbesserung an Erträgen, Ertragssicherheit und Qualität verbunden. Der Zuchtfortschritt zahlt sich für die Landwirte in einer höheren Wertschöpfung und einer besseren Wirtschaftlichkeit aus. Wesentliche Grundlage für die Sortenwahl des Landwirtes ist eine fruchtartengerechte Prüfung und Beurteilung der Sorten. Bei den Öl- und Eiweißpflanzen arbeiten UFOP und SFG eng mit den Länderdienststellen, mit wissenschaftlichen Instituten, mit dem Bundessortenamt und mit privaten Dienstleistungsunternehmen für Feldversuche bei den Sortenprüfungen und bei Projekten zu bestimmten Fragestellungen zusammen (Übersicht 1). Entsprechend seiner hohen Anbaubedeutung stellt der Winterraps dabei den Schwerpunkt dar. In Übersicht 2 sind die Versuche dargestellt, an denen sich die UFOP beteiligt.

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Das Sortenprüfwesen gliedert sich in die Bereiche Sortenprüfung, Sortenbewertung und Sortenempfehlung. Die hohe Anzahl von Sorten, die jährlich neu zur Vermarktung kommen, erschwert die Entscheidung zur Sortenwahl. Neben den Sorten, die vom Bundessortenamt nach der Wertprüfung in die deutsche Sortenliste eingetragen werden, sind auch alle Sorten vermarktungsfähig, die in den anderen EU-Staaten zugelassen sind. Sie werden kurz als EU-Sorten bezeichnet.

Am Beispiel Winterraps sollen einige Zahlen genannt werden. Von 2001 bis 2006 wurden 44 Sorten in die deutsche Sortenliste eingetragen. Dazu kamen bis zum Juli 2007 114 EU-Sorten, so dass allein aus diesen Jahren bis zu 158 Sorten für die Rapsaussaat 2007 am Markt zur Verfügung standen (Übersicht 3). Bei Sonnenblumen zur Körnernutzung wird die große Mehrzahl der Sorten als EU-Sorten mit Zulassung aus den benachbarten südeuropäischen EU-Staaten vertrieben.

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Fruchtartenspezifische Gegebenheiten bei Winterrapsversuchen berücksichtigen

Jede Fruchtart hat – auch im Versuchswesen – ihre Eigenarten. Sie sind zum Teil günstig, zum Teil aber auch ungünstig: Beim Winterraps ist die hohe Vermehrungsrate als günstig zu beurteilen. Sie ermöglicht es, das von guten neuen Sorten schon direkt nach der Zulassung große Saatgutmengen für die Praxis bereit gestellt werden können. Die Landwirte können den Zuchtfortschritt, den neue Sorten bieten, dadurch schnellstmöglich nutzen. Voraussetzung dafür ist allerdings, das die neuen Sorten auch mit einer hinreichenden Sicherheit beurteilt werden können. Hierfür ist eine sachkundige Durchführung von Rapsversuchen und eine schnelle, aber gleichzeitig sichere Auswertung der Versuche im Sommer notwendig.

Winterraps ist eine schwierige Fruchtart in Feldversuchen. Eine vergleichsweise hohe Anzahl der angelegten Rapsversuche fällt im weiteren Jahresverlauf aus. Die Gründe sind vielschichtig, nur einige sollen hier genannt werden: Lückiger und sehr ungleichmäßiger Feldaufgang, starker Schneckenfraß, starker Mäusefraß über Winter, Schäden durch Nässe, nicht vorhersehbarer Befall mit Kohlhernie, Hagelschlag kurz vor der Ernte, unsachgemäßes Scheiteln (Trennen) der Parzellen vor Ernte und anderes.

Winterraps stellt besondere Anforderungen an die Versuchstechnik. Die Sortenprüfung muss in breiten Parzellen durchgeführt werden, die eine Kerndruschparzelle enthalten. Dadurch werden Nachbarschaftseffekte, die durch die Pflanzenlänge, durch Lagerneigung und durch den Sortentyp (Linien, Hybriden, Halbzwerghybriden) auftreten können, ausgeschlossen. Sie beeinträchtigen sonst die sortentypische Ausprägung der Ertragsleistung. Wichtig ist ferner eine gute Verfahrensweise beim Scheiteln (Trennen) der Parzellen, welches ca. 15 bis 20 Tage vor der Ernte erfolgt. Diese Arbeit ist notwendig, weil sich die Rapspflanzen ineinander verhakeln. Erst durch eine saubere Trennung der Parzellen wird sichergestellt, dass tatsächlich der Ertrag von der Fläche geerntet wird, der auf dieser Fläche herangewachsen ist. Trotz großer Sorgfalt der Versuchsansteller fallen im Mittel der Jahre 20 bis 30 Prozent der angelegten Rapsversuche aus, und nach der statistischen Auswertung gibt es höhere Versuchsfehler als beispielsweise bei Getreide. Zudemhaben Rapssorten in den Versuchen höhere Ertragsschwankungen von Ort zu Ort. Bei der Anlage der Versuche muss daher entsprechend vorgehalten werden, um eine ausreichende Datengrundlage für eine sichere Beurteilung der Sortenleistungen zu gewährleisten.

Eine weitere Besonderheit ist beim Winterraps der Faktor Zeit: Durch die schnelle Aufeinanderfolge von Ernte und Aussaat beim Winterraps steht nur eine sehr kurze Zeitspanne für die Versuchsauswertung, die „Übersetzung“ in Beratungsaussagen und die Übermittlung an die Praxis zur Verfügung. An dieser Stelle leistet die UFOP-Außenstelle für Versuchswesen einen wichtigen Beitrag, indem die betreuten Rapsversuche sehr zeitnah und mit höchstmöglicher Sicherheit ausgewertet werden. Die Ergebnisse werden den Beratungseinrichtungen in den Bundesländern umgehend zur Verfügung gestellt.

Ein stetes Anliegen ist daher die fruchtartengerechte Durchführung der Sortenprüfungen. Dazu hat die UFOP Projekte zur technischen Durchführung insbesondere von Rapsversuchen bearbeitet. Die Quantifizierung von Nachbarschaftseffekten in Abhängigkeit von Sorteneigenschaft und Sortentyp und die sich daraus ergebende Konsequenz breiterer Parzellen sind ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit. Dieses hat heute in vielen Institutionen Eingang in die praktische Versuchsdurchführung gefunden. Projekte zur biometrischen Auswertung von bundesweiten Versuchsserien dienen dazu, die Prüfungssysteme beim Winterraps zu optimieren. Daneben werden weitere Projekte zu speziellen Fragestellungen einzelner Fruchtarten bearbeitet.

Das Prüfungssystem für Winterraps

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In Übersicht 4 ist das Prüfungssystem für Winterraps in Deutschland dargestellt. Die amtliche Wertprüfung (WP)des Bundessortenamtes (BSA) dauert drei Jahre (WP1 bis WP3). Im darauf folgenden Jahr werden die Versuche mehrjährig ausgewertet, und das BSA entscheidet über die Eintragung in die deutsche Sortenliste. Zu diesem Zeitpunkt steht der Jahrgang der möglichen neuen Sorten schon im Feld. Um sicher zu stellen, dass alle möglichen Neuzulassungen im Jahr der Zulassungsentscheidung in Deutschland geprüft werden, wurde der Bundessortenversuch (BSV) eingerichtet. An ihn schließt sich die Prüfung der neuen Sorten in den regionalen Landessortenversuchen (LSV) an. Zulassungskandidaten, die in der WP stark überdurchschnittliche Leistungen gebracht haben, die über besondere Eigenschaften verfügen oder anderes mehr, können auch direkt nach der WP3 in die LSV aufrükken. Das kann auch auf der Grundlage regionalisierter Ergebnisse erfolgen. Die Entscheidung darüber treffen die zuständigen Beratungseinrichtungen der Bundesländer.

EU-Sorten werden zwei Jahre lang in den EU-Sortenversuchen (EUSV) auf  ihre Anbaueignung in Deutschland geprüft. Anschließend können beste EU-Sorten in die LSV aufrücken. Der BSV ist mit dem EUSV2 kombiniert. Dadurch stehen die Neuzulassungen aus Deutschland mit den besten EU-Sorten in einer gemeinsamen Versuchsserie im direkten Vergleich.

Die Anzahl der Prüfglieder und Prüforte zeigt hierbei einen hierarchischen Verlauf. In den ersten Prüfjahren werden mehr Sorten geprüft, dafür aber an weniger Standorten. Nur die besten Sorten steigen in das nächste Prüfungsjahr auf. Dadurch verringert sich die Zahl der Prüfglieder. Gleichzeitig wird aber die Zahl der Prüforte erhöht, um die Sicherheit und Aussagefähigkeit der Prüfungen auch unter regionalen Gesichtspunkten zu verbessern.

Auf der Ebene der LSV werden beim Winterraps auch Resistenzprüfungen zur Beurteilung der Resistenz gegen Phoma lingam und Cylindrosporium concentricum betreut. Die Beurteilung von Phoma ist sehr arbeitsaufwändig, so dass sich eine Reihe von Landwirtschaftskammern und Landesanstalten, aber auch Pflanzenschutzdienste, die Biologische Bundesanstalt und die SFG mit Züchterstandorten an den Prüfungen beteiligen. In jedem Bundesland sollte nach Möglichkeit eine Prüfung durchgeführt werden, um eine gute Verteilung über das Bundesgebiet zu haben und um unterschiedliche Befallssituationen vorzufinden. Die UFOP übernimmt die Organisation der Prüfung und führt die statistische Auswertung und Zusammenfassung der Ergebnisse durch.

Cylindrosporium tritt nicht in jedem Jahr in Deutschland in starkem Umfang auf. Um die Sorten dennoch beurteilen zu können und um im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes eine gezielte Bekämpfung in Befallssituationen vornehmen zu können, werden die Sorten in einer Befallslage in Schottland von einer dortigen Beratungsorganisation im Auftrag der UFOP auf ihre Resistenz geprüft.

Am Beispiel der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (LK SH) ist in Übersicht 5 stark vereinfacht dargestellt, wie auf der Grundlage dieser Versuche die Sortenempfehlung für den Eingang neuer Sorten in die Praxis erfolgt. Die Versuche in den drei WP-Jahren und ggf. aus dem BSV in einem Großraum werden dabei berücksichtigt und zum „Ergebnis 1“ zusammengefast. Ein Großraum umfasstmehrere Boden-Klima-Räume, für welche die Beratungsaussagen auf Grundlage der Landessortenversuche getroffen werden. Das erste Prüfjahr aus den LSV liefert dann das zweite Ergebnis. Auf der Grundlage der Ergebnisse 1 und 2 kann eine vorläufige Empfehlung ausgesprochen werden. Liegt ein weiteres Versuchsjahr aus den LSV vor, welches als Ergebnis 3 gewertet wird, wird die Empfehlung sicherer und es kann von einer vollen Empfehlung gesprochen werden.

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Über die Aufnahme in die BSV und EUSV und über Empfehlungen für die Aufnahme neuer Sorten in die LSV beraten fruchtartenspezifische Sortenkommissionen, die mit Fachleuten zu den jeweiligen Fruchtarten besetzt sind. Sie setzen sich in der Regel aus 4 Vertretern aus den Länderdienststellen und aus einem Vertreter des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e. V. zusammen.

Kosten und Leistungen des Prüfungssystems

Mit Öl - und Eiweißpflanzen erreichen die deutschen Landwirte bei den derzeitigen Anbauumfängen, langjährigen Durchschnittserträgen und Erzeugerpreisen der Ernte 2007 eine Marktleistung von 1,5 bis 2,0 Mrd. EUR. Der Winterraps nimmt darunter mit Abstand den größten Anteil ein (Übersicht 6).

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Hier wurde beispielhaft berechnet, welcher Mehrerlös durch die Nutzung des jährlichen züchterischen Fortschritts, der mit rund 1 Prozent beziffert wird, eintritt: Allein beim Winterraps sind das 15 bis 20 Mio. EUR/Jahr. Bei den anderen Fruchtarten ist es zwar weniger, liegt aber dennoch zwischen 100.000 EUR bei Ackerbohnen bis hin zu 600.000 EUR bei Futtererbsen. Treten im Falleeiner falsch geleiteten Anbauentscheidung durch den Anbau einer schwächeren Sorte Mindererträge ein, oder wird dadurch die mögliche Ertragsspitze nicht erreicht, so kommt es zu Mindererlösen. Auch sie wurden beispielhaft für einen Minderertrag von minus 1 Prozent berechnet. In Übersicht 7 wird am Beispiel des Prüfungszyklus BSV 2007 veranschaulicht, welche Spannweite in der Marktleistung zwischen der besten und der schwächsten Sorte eines neuen Prüfungsjahrganges liegen kann.

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Die einfachen Zahlenbeispiele zeigen deutlich auf, welche große Bedeutung der züchterische Fortschritt beim Winterraps und seine Nutzung für die Landwirtschaft hat. Voraussetzung ist, dass die Landwirte diesen Fortschritt auf abgesicherten Grundlagen nachvollziehen und erkennen können. Dazu leistet die UFOP einen wichtigen Beitrag.

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Dem Nutzen aus den Sortenversuchen stehen Kosten gegenüber. Die Kosten für die technische Durchführung der Versuche sind in Übersicht 8 für die BundessortenBundessortenversuche, die EU-Sortenversuche und die Landessortenversuche überschlägig berechnet. Danach entstehen beimWinterraps Kosten in Höhe von rund 600.000 EUR. Sie sind zu ergänzen um die Kosten für die Organisation und Auswertung der Versuche. Wird dieser Betrag auf die Anbaufläche umgelegt, beträgt er 0,43 EUR/ha, das heißt 0,04 Prozent der Marktleistung. Bei den Sonnenblumen und Körnerleguminosen sind die Versuchsumfänge und deswegen die Kosten geringer, aber auch die Anbauflächen kleiner. Dadurch ergeben sich etwas höhere Kosten in EUR/ha, die aber in ihrem Anteil an den Marktleistungen auf einem sehr niedrigen Niveau liegen.

Über die Organisation, Betreuung und Auswertung der in der Übersicht 2 genannten Sortenversuche hinaus fördert die UFOP die Versuche durch eine anteilige Beteiligung an den Kosten der Versuchsdurchführung.

Fazit

Die Sortenprüfungssysteme mit Beteiligung der UFOP sichern eine rechtzeitige und abgesicherte Bereitstellung der aktuellen Ernteergebnisse. Die Versuchsauswertungen ermöglichen einen qualifizierten Übergang aus der Wertprüfung bzw. dem Bundessortenversuch oder dem EU-Sortenversuch in die Landessortenversuche unter regionalen Gesichtspunkten. Dies ermöglicht eine frühzeitige regionale Sortenempfehlung und die schnellstmögliche Einführung des züchterischen Fortschritts in die landwirtschaftliche Praxis. Das Prüfungssystem ist gekennzeichnet durch eine hohe Kosten-Nutzen-Relation.