UFOP-Praxisinformation – Vorfruchtwert von Winterraps

Autoren: Prof. Dr. Bernd Honermeier, Dr. Michael Gaudchau, Justus-Liebig-Universität Giessen

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Bedeutung des Winterrapses

Der Winterraps stellt in Deutschland mit einer Anbaufläche von über 1 Mio. ha eine sehr wichtige Marktfrucht dar. Als Blattfrucht wird dem Raps zugleich eine große Bedeutung für die Fruchtfolgegestaltung, insbesondere zur Auflockerung getreidereicher Fruchtfolgen, beigemessen. Auf Grund seiner Eigenschaften und mit Blick auf den in den letzten drei Jahrzehnten zu beobachtenden Flächenrückgang bei anderen Blattfrüchten (Kartoffeln, Futterrüben und mehrjährige Ackerfutterpflanzen) bei gleichzeitiger Flächenzunahme beim Raps- und Maisanbau hat sich der Stellenwert des Rapses in den Fruchtfolgen weiter erhöht. Bei der Bewertung des Vorfruchtwertes von Winterraps sind neben technologischen Aspekten (Termin der Feldräumung) insbesondere die Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit und die Unkrautsituation sowie auf die Vermehrung von Schaderregern zu beachten (s. nachstehende Tabelle). Bezogen auf den Nachbau von Getreide sind die Wirkungen von Winterraps grundsätzlich sehr positiv zu bewerten. So fördert der Raps die Strukturbildung und die biologische Aktivität des Bodens. Ursachen dafür sind die lange Bodenbedeckung, die Ausbildung eines tief gehenden und kräftigen Pfahlwurzelsystems sowie die hohen Ernterückstände, die auf dem Acker verbleiben. Bei einem Kornertrag von 40 dt/ha und einem Ernteindex von 0,35 beträgt die oberirdische Biomasse eines Rapsbestandes 110 bis 120 dt/ha, wovon etwa 70 bis 80 dt/ha Trockenmasse auf dem Acker verbleiben. Wird zusätzlich die Blatt- und Wurzelmasse berücksichtigt, dann kann die Zufuhr organischer Substanz bis zu 150 dt/ha betragen, was zu einer positiven Humusbilanz führt. Zur Bildung dieser Biomasse nimmt der Winterraps eine N-Menge von 250 bis 300 kg/ha auf. Insbesondere im Herbst werden die Nmin-Vorräte des Bodens durch den Raps nahezu vollständig ausgenutzt.

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Nachteilig können jedoch die nach der Ernte durch Mineralisierung von Ernte- und Wurzelrückständen freigesetzten N-Mengen sein, die zur Vermeidung von möglichen Stickstoffverlusten über eine entsprechende Gestaltung des Anbausystems wieder in pflanzliche Trockenmasse einzubauen sind.

Phytopathologische Aspekte des Rapsanbaues

Der Raps ist Wirtspflanze für zahlreiche pilzliche und tierische Schaderreger, deren Infektionsdruck durch die Fruchtfolgegestaltung beeinflussbar ist. Einige dieser Krankheiten werden neben dem Raps auch durch andere Wirtspflanzen vermehrt. Das trifft u. a. auf Kohlhernie (Wirtspflanzen: alle Kreuzblütler) oder auf das Rübenzystenälchen (Wirtspflanzen: Raps, Zuckerrüben) zu (s. nachstehende Übersicht). Aus diesem Grund ist die Kombination von Raps und Zuckerrüben in einer Fruchtfolge als ungünstig anzusehen. Von Getreide werden dagegen keine rapsspezifischen Schaderreger vermehrt.

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Vom Krankheitserreger Verticillium dahliae, der neben dem Raps weitere Kulturpflanzen wie z. B. Kartoffeln und Erbsen befällt, gehen wegen der vorhandenen Wirtsspezifität vom Rapsanbau keine negativen Ertragseffekte auf diese Kulturpflanzen aus. Auf Getreide haben die von der Wirtspflanze Raps vermehrten pilzlichen und tierischen Schaderreger ebenfalls keine Auswirkungen. Die Verengung des Rapsanbaues innerhalb der Fruchtfolge kann zu einer Zunahme der in der Übersicht genannten Pathogene führen. Anbaupausen von mindestens drei Jahren sind daher einzuhalten.

Vorfruchtwert von Winterraps in Versuchen

Nur wenige heute in Deutschland noch laufende Fruchtfolge-Dauerversuche lassen eine Aussage über den Vorfruchtwert von Winterraps zu. Auf Grund unterschiedlicher Standortbedingungen, Anlagemethoden und agronomischer Maßnahmen sind die vorliegenden Ergebnisse nur eingeschränkt vergleichbar. Sie weisen jedoch alle deutliche Mehrerträge, bedingt durch die Vorfrucht Raps gegenüber der Getreidemonokultur, aus.

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Vorfruchtwert von Winterraps in der Praxis

Zur Analyse des Vorfruchtwertes von Winterraps wurden in den Jahren 1999 und 2000 im Rahmen der Besonderen Ernteerhebung (BEE) umfangreiche Daten zum Winterweizenanbau aus verschiedenen Bundesländern ausgewertet.

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Im Rahmen dieser Erhebungen konnten höhere vorfruchtbedingte Ertragsdifferenzen festgestellt werden als in den aktuellen Fruchtfolgeversuchen. So betrug der Mehrertrag der Nachfrucht Winterweizen bei Rapsvorfrucht 13,5 dt/ha im Jahr 1999 bzw. 14,6 dt/ha im Jahr 2000 im Vergleich zur Weizenselbstfolge. Die zweitbeste Vorfrucht für den Weizen war die Zuckerrübe, die dem Raps im Jahr 1999 gleichwertig und im Jahr 2000 unterlegen war. Ungünstiger als Raps und Zuckerrüben waren die Vorfrucht Mais und schließlich die Vorfrucht Weizen zu beurteilen.  Aus den vorliegenden Erhebungen ergibt sich hinsichtlich der Vorzüglichkeit der Vorfrüchte folgende Rangfolge:

Jahr 1999: Raps > Mais/Weizen, (Zuckerrüben mit anderen Vorfrüchten identisch)

Jahr 2000: Raps > Zuckerrüben/Mais/Weizen

Eine Analyse des Vorfruchtwertes von Raps, Zuckerrüben, Mais und Weizen in ausgewählten Bundesländern zeigt, dass der Raps in allen hier berücksichtigten Regionen eine Überlegenheit gegenüber den Vergleichsfrüchten zeigte:  In Brandenburg wurde auf Grund der insgesamt ungünstigeren Standortbedingungen bei der Nachfrucht Winterweizen ein vergleichsweise geringes Ertragsniveau erzielt. Trotzdem schneidet auch hier der Raps mit 55,3 dt/ha Ertrag der Nachfrucht Winterweizen gegenüber Zuckerrüben (50,4 dt/ha Ertrag Nachfrucht Weizen), Mais (48,0 dt/ha Ertrag Nachfrucht Weizen) und Weizen (41,6 dt/ha Ertrag Nachfrucht Weizen) als Vorfrucht am besten ab (s. nachfolgende Abbildung). Die Ertragsdifferenz in den Kornerträgen der Nachfrucht zwischen der Vorfrucht Raps und der Vorfrucht Weizen liegt mit 13,7 dt/ha auf einem ähnlich hohen Niveau wie in der bundesweiten Auswertung.

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Die Analyse der Daten für Hessen verdeutlicht etwa gleich hohe Ertragsniveaus bei der Nachfrucht Winterweizen nach der Vorfrucht Raps mit 94,7 dt/ha bzw. nach der Vorfrucht Zuckerrüben mit 93,2 dt/ha (s. nachfolgende Abbildung). Beide Blattfrüchte sind in dieser Auswertung in ihrem Vorfruchtwert damit als gleichwertig zu betrachten. Sehr deutlich unterscheiden sich die Erträge bei der Nachfrucht Winterweizen zwischen den Blattvorfrüchten Raps und Zuckerrüben und den Getreidevorfrüchten Weizen und Mais. Die Ertragsdifferenz beträgt hier etwa 10 bis 12 dt/ha.

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Eine weitere Region, die in die BEE-Auswertung einbezogen wurde, ist Sachsen-Anhalt. Hier werden die Ergebnisse, getrennt nach zwei Ackerzahl-Bereichen (AZ 40 bis 70 und AZ 71 bis 99) vorgestellt. In Sachsen-Anhalt wurden im Rahmen der Erhebung, im Gegensatz zu den anderen Bundesländern, nur relativ geringe vorfruchtbedingte Ertragsdifferenzen bei der Nachfrucht Winterweizen ermittelt. Insbesondere im Ackerzahlbereich AZ 40 bis 70 beträgt der Ertragsvorteil der Vorfrucht Raps gegenüber den Vorfrüchten Zuckerrüben, Weizen und Mais nur 1,9 dt/ha (Differenz zu Zuckerrüben), 2,3 dt/ha (Differenz zum Weizen) und 4,2 dt/ha (Differenz zum Mais). Betrachtet man die Böden der AZ 71 bis 99, dann sind etwas größere Ertragsdifferenzen bei der Nachfrucht Winterweizen zwischen der Vorfrucht Raps und den anderen Vorfrüchten von 3,9 dt/ha (Differenz zur Vorfrucht Weizen) bis 9,9 dt/ha (Differenz zur Vorfrucht Mais) festzustellen (s. nachfolgende Übersicht). Die Ursachen für das im Gegensatz zu den Ergebnissen aus anderen Bundesländern relativ gute Abschneiden der Vorfrucht Weizen konnten in dieser empirischen Vorfruchtanalyse nicht geklärt werden, da die Angaben zu den konkreten Anbaubedingungen nicht vorliegen. Insgesamt verdeutlichen aber auch die BBE-Ergebnisse aus Sachsen-Anhalt die Ertragsvorteile der Vorfrucht Raps.

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Ökonomische Bewertung

Eine exakte ökonomische Bewertung des Vorfruchtwertes von Winterraps kann nur unter Beachtung der spezifischen Bedingungen des Raps- bzw. Weizenanbaus vorgenommen werden.

Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Vorfruchtwert des Winterrapses im Vergleich mit der Getreideselbstfolge auch noch in der 2. Nachfrucht spürbar sein dürfte. Der hierbei auftretende Kosten- bzw. Erlösvorteil ist in der o. g. Kalkulation zusätzlich zu berücksichtigen.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Die Vorfrucht Winterraps bewirkt bei der Nachfrucht Winterweizen deutlich höhere Kornerträge als die Vorfrüchte Mais und Weizen. In der Praxis ist der Winterraps auch den Zuckerrüben im Vorfruchtwert überlegen.
Moderne Produktionstechniken und neue Sortengenerationen haben bislang keine wesentlichen Veränderungen des Vorfruchtwertes von Winterraps bewirkt.
Der positive Vorfruchtwert von Winterraps lässt sich auf allen Standorten und bei allen Bodengüten, auch auf Grenzstandorten für den Raps- und Weizenanbau (z. B. Brandenburg), nachweisen.
Der Winterrapsanbau trägt zur Verbesserung der Humusbilanz in getreidebetonten Fruchtfolgen bei.
Die Vorfrucht Winterraps bedingt eine Minderung der Aufwendungen für Bodenbearbeitung, N-Düngung und Pflanzenschutz in der Nachfrucht.
Im Vergleich zur Weizen-Selbstfolge führt die Vorfrucht Winterraps zu Kosten- und Erlösvorteilen bei der Nachfrucht Winterweizen in der Summe bis 270 DM/ha.

Eine ausführliche Darstellung des Vorhabens einschließlich weiterer Auswertungen wird im Herbst 2001 in den UFOP-Schriften veröffentlicht werden.

Die UFOP bedankt sich für die Durchführung des Projektvorhabens bei der
Justus-Liebig-Universität-Giessen.