Was besagt die iLUC-These?

iLUC bedeutet indirect Land Use Change – zu Deutsch: indirekte Landnutzungsänderung.

Die sogenannte iLUC-Hypothese besagt, dass die europäische Biokraftstoffpolitik dazu führt, dass Anbauflächen für Nachwachsende Rohstoffe in Europa und in Drittstaaten ausgedehnt werden und dadurch globale Verdrängungseffekte in der Landnutzung ausgelöst werden. Um den Marktausgleich für die Rohstoffnachfrage am Lebens- und Futtermittelmarkt wieder herzustellen, würden infolgedessen unter anderem in Übersee Landnutzungsänderungen vorgenommen, beispielsweise durch das Roden von Urwäldern.

Die Richtlinie 2009/28/EG verpflichtet die EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem Rat einen Bericht vorzulegen, „in dem sie die Auswirkungen indirekter Landnutzungsänderungen auf die Treibhausgasemissionen prüft und ggf. Möglichkeiten vorschlägt, wie diese Auswirkungen verringert werden können.“ In ihrem Bericht vom Dezember 2010 stellt die EU-Kommission verschiedene Möglichkeiten zur Einbeziehung von iLUC in die Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und flüssige Bioenergieträger vor.

Hierzu zählt auch die Option zur Einführung eines iLUC-Faktors, eines zusätzlichen „CO2-Malus“, auf Biokraftstoffe, die in der EU für die zuvor beschriebene Zielerreichung eingesetzt werden. In der politischen und fachlichen Diskussion steht hier insbesondere die Frage, wie hoch der Malus-Wert anzusetzen ist. Schließlich entstehen durch den Humusabbau mehr Treibhausgasemissionen über einen längeren Zeitraum, wenn z.B. auf Torfmoorflächen gewachsener Urwald gerodet wird und Ölpalmen angebaut werden. Diese Emissionen werden nach dem Modell der IFPRI-Studie dem Biodiesel aus Raps angerechnet.

Im Auftrag der EU-Kommission hat das International Food Policy Research Institute (IFPRI) im Dezember 2011 einen überarbeiteten Bericht über die Auswirkungen der europäischen Biokraftstoffproduktion auf die Landnutzungsänderungen und die hiermit verbundenenen Treibhausgasemissionen vorgelegt. Basierend auf den Ergebnissen des IFPRI-Modells hat das europäische Forschungsinstitut Joint Research Centre (JRC) der EU-Kommission einen globalen LUC-Emissionswert und acht rohstoffspezifische iLUC-Emissionswerte berechnet.

Bei einer Berücksichtigung des iLUC-Faktors könnten die Treibhausgasemissionen von Biodiesel auf der Basis von Raps oder Soja die errechneten Emissionen des fossilen Dieselkraftstoffs sogar noch übersteigen. Die THG-Minderungsvorgabe von mindestens 50% ab 2018 wäre nicht mehr zu erfüllen. Ein ölpflanzenspezifischer iLUC-Faktor in der derzeit diskutierten Größenordnung von 55 g CO2  je Megajoule würde das Aus für Biodiesel, pflanzenölbasiertes HVO oder auch für die bisher noch nicht genehmigte Mitraffination von pflanzlichen Ölen in Erdölraffinerien bedeuten.

Folgen für Landwirtschaft und Biokraftstoffproduktion in der EU

Die Folgen der Einführung eines iLUC-Faktors wären für die betroffene Industrie und für die Landwirtschaft dramatisch. Für Ölsaaten wie Raps oder Sonnenblumen würde der wichtigste Absatzmarkt wegbrechen. Der Import von Eiweißfuttermitteln, vorrangig Soja, müsste dementsprechend steigen.

Auch hier setzt die Kritik der UFOP an der IFPRI-Studie an:

  1. Die Eiweißfuttermittelkomponente und deren Marktbedeutung in der europäischen Ölsaatenproduktion wird in der IFPRI-Studie unzureichend bewertet. Kurz gefasst ersetzt Rapsschrot Sojaschrot und damit die entsprechende Anbaufläche. Alleine Deutschland importiert jährlich 3 Mio. Tonnen Sojaschrot! Dieser Substitutionseffekt wird nicht berücksichtigt. Die Treibhausgasbilanz wird dadurch zum Nachteil heimischer Ölsaaten berechnet.
  2. Außerdem werden viele ackerbauliche Aspekte von Raps nicht berücksichtigt: Raps ist eine wichtige Blattfrucht und lockert getreidereiche (einschließlich Mais) Fruchtfolgen auf. Raps ist mit heute etwa 1,4 Mio. Hektar Anbaufläche in Deutschland für den nachhaltigen Ackerbau in vielen Anbauregionen alternativlos. Raps unterbricht fruchtfolgebedingte Krankheitszyklen im Getreidebau, vermindert die Bodenerosion, verbessert die Bodenstruktur und steigert die Wasserspeicherkapazität.
  3. Raps ist aus dem Landwirtschaftsbild nicht mehr weg zu denken. Im Frühjahr ist er für Bienen die wichtigste Tragfrucht und sorgt für eine schnelle Entwicklung und Vermehrung der Völker.